33kompakt März 2020 men die Produktion hochfahren und Abhilfe schaffen kann Dazu kommt dass Hersteller vor allem daran Interesse zeigen wirtschaft lich lukrative Wirkstoffe und Medika mente zu produzieren Patentfreie etab lierte Arzneimittel die schon lange auf dem Markt sind gehören in der Regel nicht dazu Und so sind Generika die rund 78 Prozent der benötigten Arznei mittel ausmachen besonders häufig von Lieferengpässen betroffen Weitere Grün de sind die Globalisierung der Märkte und die steigende Markt und Unterneh menskonzentration VIELE WIRKSTOFFE werden nur noch von ein zwei Herstellern weltweit pro duziert Viele Pharmafirmen lassen in Asien und Schwellenländern fertigen weil es dort günstiger ist als in Europa Die meisten Antibiotika Wirkstoffe bei spielsweise werden inzwischen fast aus schließlich in China hergestellt Dass das nicht im Sinne einer verläss lichen steuerbaren Medikamentenver sorgung ist ist inzwischen Konsens Es gibt entsprechende Positionspapiere wie das der Pharmaverbände wissen schaftliche Studien die den Zusammen hang zwischen den Rabattvertrags modellen und Lieferproblemen von Arz neimitteln beleuchten sowie bereits seit 2014 den Pharmadialog der Bundesre gierung mit den Arzneimittelherstellern Ziel die Medikamentenversorgung in Deutschland zu sichern WIE ABER KANN DAS GELINGEN Was muss getan werden Beate Bockelt Vor sitzende des Gesamtbetriebsrats beim Pharmakonzern Sanofi fordert das Ende der exklusiven Rabattverträge Wir müs sen uns fragen was die wichtigsten gängigsten Wirkstoffe sind die wir in Deutschland benötigen Für diese gilt es einen europäischen Richtpreis zu verab reden mit denen die Hersteller kalkulie ren und planen können und dann sollten wir in der EU produzieren sagt die Ar beitnehmervertreterin Für die Arzneimittelherstellung in Euro pa spricht sich auch Sabine Nikolaus Deutschland Chefin des Pharmaunter DIE RABATTVERTRÄGE DER KRANKENKASSEN Dem Gesetz nach haben Kranken kassen die Möglichkeit mit einzelnen Medikamentenherstellern Verträge über Preisnachlässe zu schließen Das soll den Wettbewerb in Schwung brin gen In diesen Rabattverträgen legen die Kassen fest welche Hersteller ihre Versicherten mit Arzneimitteln und Wirkstoffen versorgen Die Kranken kassen können die Versorgung auf mehrere Schultern verteilen Mehrpart nermodell oder nur einem Unterneh men übertragen Exklusivmodell Exklusive Verträge sind für die Kassen preislich meist interessanter aber sie führen so das Ergebnis einer von Pro Generika in Auftrag gegebenen Studie auch häufiger zu versorgungskritischen Situationen als solche die mit mehre ren Unternehmen geschlossen werden nehmens Boehringer Ingelheim in einem Interview mit der Arzneimittelhersteller Initiative Pharma Fakten aus Bei Boehringer Ingelheim haben wir aktuell keinerlei Lieferengpässe Das hat auch damit zu tun dass wir unsere Medika mente vorwiegend selbst produzieren auch die klinischen Ausgangsstoffe und das vor allen Dingen in Deutschland und in Europa Wir haben seit Jahrzehn ten ein starkes europäisches Produk tionsnetzwerk und daraus ergeben sich für uns schnelle Steuerungsmöglich keiten falls sich die Nachfrage nach ei nem Arzneimittel kurzfristig ändert so Nikolaus Sie plädiert für ein starkes Standbein in Europa sagt aber auch Einer Globalisierung der Arzneimittel produktion entgegenzutreten wäre nicht der richtige Weg Boehringer Ingelheim produziert weltweit Man kann das eine tun ohne das andere zu lassen Wir be kennen uns aber eben auch ausdrück lich zum Produktionsstandort Europa Es darf nicht immer nur um den Preis gehen betont Bork Bretthauer Ge schäftsführer von Pro Generika e V dem Interessenverband der Generika und Biosimilarunternehmen in Berlin Sozial und Umweltstandards Mindestlöhne Nachhaltigkeit die Qualifikation der Beschäftigten all das müsse einfließen wenn Krankenkassen entscheiden mit welchen Wirkstoff und Medikamenten herstellern sie einen Vertrag schließen EINES IST SICHER Die Pharma beschäftigten in Deutschland würden profitieren wenn diese Werte ebenso Berücksichtigung fänden wie der Preis für die Herstellung eines Medikaments Denn der Kostendruck ist längst bei den Beschäftigten in Deutschland angekom men Die Mitarbeiter zahlen den Preis für die ganzen Effizienzsteigerungspro gramme und Renditeanforderungen sagt Bockelt die Personaldecke ist viel zu dünn die Schichten sind unterbe setzt die Beschäftigten arbeiten unter enormem Druck Dieser Druck müsse von ihnen genommen werden Nur so sei eine qualitätsvolle sichere Arznei mittelproduktion und damit eine ver lässliche Versorgung gewährleistet ist die Betriebsrätin überzeugt Julia Pennigsdorf Wir müssen wieder verstärkt in der EU produzieren BEATE BOCKELT Vorsitzende Gesamtbetriebsrat Sanofi

Vorschau IG BCE Kompakt 03/2020 Seite 47
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