37kompakt Februar 2020 Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in einem großen Report zu dem Ergebnis dass jeder neunte Deutsche mindestens einmal im Laufe seiner beruflichen Lauf bahn gemobbt wurde Am häufigsten trifft es Frauen oft in Form sexueller Anmache In 50 Prozent der Fälle so eine aktuelle Studie an der FU Berlin ist der Chef selbst der Aggressor Bossing In weiteren 20 Prozent ist der Vorgesetzte beteiligt In 30 Prozent der Fälle weiß der Chef nichts von den Konflikten in seinem Betrieb Dies spricht nicht für ihn Schließlich ist es seine Aufgabe in Mit arbeitergesprächen Mobbingvorwürfen nachzugehen Es ist sogar seine Pflicht Denn auch ohne eigenes Mobbing gesetz sind Beschäftigte Schikane im Betrieb nicht hilflos ausgeliefert Es gibt das allgemeine Persönlichkeitsrecht und ein Grundrecht auf körperliche und seelische Unversehrtheit das der Arbeit geber gemäß seiner Fürsorgepflicht Paragraf 241 BGB schützen muss Wird der Arbeitgeber von Mitarbeitern oder dem Betriebsrat über derartige Vor fälle informiert muss er tätig werden um das Problem zu lösen im äußersten Fall durch Entlassung des Mobbers Unternimmt er nichts kann er haftbar gemacht werden im Extremfall durch eine Klage des Betroffenen wegen Unter lassung oder auf Schadenersatz vor dem Arbeitsgericht Fest steht Mobbing macht krank Wer über längere Zeit Be lästigungen und Kränkungen ausgesetzt ist riskiert depressiv zu werden oder einen Burn out zu erleiden Mobbing wird zur Körperverletzung Doch was unterscheidet Mobbing von Konflikten die immer mal wieder im Arbeitsalltag ausgetragen werden Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt dass es bei Mobbing um ein systemati sches Anfeinden Schikanieren oder Dis kriminieren von Arbeitnehmern unter einander oder durch Vorgesetzte geht Der Europäische Gerichtshof spricht von einem ungebührlichen Verhalten das über einen längeren Zeitraum wie derholt oder systematisch in Verhaltens weisen mündlichen oder schriftlichen Äußerungen Handlungen oder Gesten zum Ausdruck kommt Psychologen bemühen sich seit Länge rem dieses ungebührliche Verhalten zu konkretisieren Der Pionier unter den Mobbingforschern der Psychologe Heinz Leymann unterschied 45 ver schiedene Handlungen Dazu gehören Angriffe aufs soziale Ansehen zum Bei spiel durch abwertende Gesten oder schlechte Nachrede Angriffe auf soziale Beziehungen zum Beispiel durch einen isolierten Arbeitsplatz fernab der Kolle gen oder Angriffe auf die Qualität der Arbeitsleistung zum Beispiel durch die Übertragung sinnloser oder kränkender Aufgaben In der Regel geht es nicht um körperliche sondern um psychische An griffe Häufig gilt das Motto Alle gegen einen Das Motiv ist nicht selten der Wunsch jemanden aus dem Beschäf tigungsverhältnis zu drängen Ohne Kün digungsschreiben Der Mitarbeiter soll freiwillig seinen Arbeitsplatz räumen Was tun Wer sich gemobbt fühlt soll te frühzeitig den Betriebsrat informieren oder sich an die Beratungsstelle der Ge werkschaft wenden Fachleute empfeh len ein Mobbingtagebuch zu führen in dem belastende Ereignisse notiert wer den mit Angaben über Ort und Zeit und die Personen die dabei waren Außer dem sollten potenzielle Beweise gesam melt werden von E Mails über Fotos vom leergeräumten Schreibtisch bis zu Dokumenten über Versetzungen Arbeits anweisungen Sollte es nach erfolglosen Schlichtungsversuchen doch noch zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen ist der Betroffene beweis pflichtig Aber Achtung Viele Klagen enden mit einer Niederlage Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorfs das gern zitiert wird ist kein Einzelfall Die Richter entschieden im Fall einer städtischen Mitarbeiterin dass auch länger dauernde Konfliktsituationen im Arbeitsleben vorkommen und der Ar beitgeber sein Direktionsrecht ausüben darf solange sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz erkennen lässt Gabi Stief Ausgrenzen üble Nachrede schmutzige Gerüchte in die Welt setzen Mobbing hat viele Erscheinungsformen die eines verbindet Zumeist verbünden sich alle gegen einen Was sollte ein Betriebsrat unter nehmen wenn er von Mobbing vorwürfen im Unternehmen erfährt Gespräche mit den Betroffenen sind wichtig Dabei sollten die Handlungs möglichkeiten aufgezeigt werden etwa die Forderung an den Arbeit geber schnell tätig zu werden Die ser kann Abmahnungen oder gar Kündigungen gegen die mobbende Person aussprechen oder Verset zungen vornehmen Auch Schaden ersatz und Schmerzensgeldforde rungen können unter Umständen bestehen Unbedingt zu empfehlen ist eine Situationsanalyse Was genau ist vorgefallen Wer war beteiligt Welche Motive lagen vor Welche Maßnahmen sind bereits erfolgt oder sollten erfolgen Was empfehlen Sie möglichen Mobbingopfern Opfer sollten sich an den Betriebsrat wenden Mitgliedern der IG BCE steht der Bezirk hilfreich zur Seite Ist eine gerichtliche Auseinandersetzung not wendig wird der gewerkschaftliche Rechtsschutz für unsere Mitglieder vor den Arbeitsgerichten tätig Sind Betriebsvereinbarungen zum Thema Mobbing sinnvoll Ja denn sie können dazu beitragen dass es womöglich gar nicht erst zu Mobbing kommt Eine Betriebsver einbarung sollte mindestens folgende Punkte regeln Welche Handlungen insbesondere unerwünscht sind wer Ansprechpartner im Mobbingfall ist welche Konsequenzen Tätern drohen und welche Vorbeugemaßnahmen ge troffen werden Leiter Justiziariat Recht Compliance der IG BCE Fragen an Peter Vogt 3

Vorschau IG BCE Kompakt 02/2020 Seite 51
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